Kölner Bürger öffnen ihre Wohnungen, Häuser und Eingänge für DRAMA KÖLN.
Im Mittelpunkt des Sommers von DRAMA KÖLN steht ein Haus. Zusammengesetzt ist es aus unterschiedlichen Wohnungen, Hauseingängen, Plätzen und Straßen, die über ganz Köln verstreut liegen. Von diesem Haus ausgehend, fragt DRAMA KÖLN in seiner diesjährigen Sommerreihe: Wer ist denn schon bei sich zu Hause?Wir treten in Häuser ein, halten uns in fremden Wohnungen auf, treffen uns vor Haustüren, auf Plätzen und an Straßenecken inmitten der Stadt. Unser Haus ist nicht fest und in sich geschlossen, sondern instabil, lückenhaft und beweglich. In unserem Haus finden
Theaterprojekte, Performances, theatrale Versuchsanordnungen und verschiedene Stadtspaziergänge statt, die die gewohnte Sicht des Menschen und seine Sicht auf die Stadt verschieben.
Vertraute und bekannte Wahrnehmungen und scheinbar feste Identitäten werden verrückt, verstellt und versetzt, an sicher geglaubten Perspektiven und Positionen gewackelt und Widersprüche zum Thema gemacht. Unsere heutige Gesellschaft hat keine Zentralperspektive und lässt sich nicht mit einer einzigen Geschichte erzählen. Unsere Gesellschaft lässt keine Schlusspunkte zu, sondern vermehrt sich fortwährend durch viele verschiedene Geschichten, die sich miteinander verflechten und widersprechen.
DRAMA KÖLN erzählt mit, sucht nach dem Potential, sich selbst und die Wirklichkeit anders zu sehen, fragt aber auch nach der Qual, die Welt jenseits gesellschaftlicher Normen anders wahrnehmen zu müssen. Neun Tage lang und in sechs unterschiedlichen Projekten versuchen wir eine mögliche Vielfalt unserer Wahrnehmungen und unserer selbst gestalteten Wirklichkeit auszuloten.
Presse:
Die thematische Klammer von „Wer ist schon bei sich zu Hause“ ist bestechend, die konzeptionsgeförderte Gruppe Drama Köln arbeitet sich seit ihrer Gründung 2003 daran ab: wie verändert sich der Blick auf Realität, wenn sie sich an öffentlichen Plätzen oder in Privaträumen mit Kunst vermischt? Damit wurde in der Woche vielfach experimentiert: Bei „Wewatchyouwatch“ saß man auf dem Chlodwigplatz und konnte (echten) Passanten bei ihren Gedanken zusehen, von Schauspielern, die man nicht sah, in unsere Kopfhörer fantasiert. Bei“Martha Richardt“, diesem surrealen Trip durch eine Bickendorfer Villa, sah man die Schauspieler, hörte sie aber nicht. Bei „katze und krieg“ ging man mit zwei Performerinnen auf Abenteuersuche in die Stadt und wusste nie, was inszeniert, was ungeplant war – und bei „wir wütenden“ glaubte man dem Hauptdarsteller die Demenz auch deshalb, weil es seine eigene Wohnung hätte sein können, in der er vom Putzmittel nippte. „Wer ist denn schon bei sich zu Hause“ lotete lässig Perspektiven des „erweiterten Theaterbegriffs“ aus und könnte gerne zur Sommer-Institution werden. akt, 24.09.2012, Dorothea Marcus
Termine: 10.- 19. August 2012 in Köln
Produktionen
wir wütenden (UA)
von Nora Mansmann
„Meine Mutter hat mein iPhone als Aschenbecher benutzt. Und sie nennt Milch jetzt weißes Wasser“. Das erzählte der Theaterregisseur Oliver Krietsch-Matzura vor gut zwei Jahren von seiner an Demenz erkrankten Mutter.
Komisch bis tragisch waren diese Berichte von jemandem, der die Dinge nicht mehr so benennen kann, wie sie gemeinhin bezeichnet werden und entsprechend fremd in der Welt agiert.
Er bat Nora Mansmann – die Gewinnerin des Autorenwettbewerbs der Temporären Theatralen Zone 2005 – ein Stück über Demenz zu schreiben. Nora Mansmann macht die Mutter zum Vater. Die Fiktion beginnt: Die Wirklichkeit franst aus. Aber „das hirn arbeitet weiter und denkt und denkt und denkt und kommt nicht an kommt nirgendwo mehr an“.
Inmitten der Möbel und den privaten Familienfotos an den Wänden einer ihm unbekannten Wohnung, ist der Zuschauer mit den Alltagsabläufen einer Familie konfrontiert, die die Erkrankung des Vaters gemeinsam erleben und dadurch gezwungen werden, sich ganz neu aufeinander einzustellen.
Regie: Oliver Krietsch-Matzura
Mit: Jörg Witte, Michael Stange, Gerhard Roiss
Regieassistenz: Marina Zielke
Videotechnik: Christoph Assauer
Presse:
Das ist die eigentliche Leistung der Inszenierung: dem Text, der auch einen störenden Betroffenheitsgestus entfalten oder eben das Gefühl des voyeuristischen Zuschauens bei einer höchst privaten Situation hervorrufen könnte, jegliche Aufgesetztheit zu nehmen, die Distanz zwischen Akteuren und Zuschauern aufzuheben und sie zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema auf Augenhöhe zu führen. Theater pur, Dietmar Zimmermann
Termine:
10./ 13./ 14. und 15, August 2012, Drama Köln, Köln
05. und 06. Oktober 2012, FFT Kammerspiele, Düsseldorf
23./ 24. und 26. Oktober 2012, theaterimballsaal, Bonn
02. und 02. März 2013, Pathos München, München
Martha Richhardt
von Olinka Feldekova
Die gerechtigkeitsbedürftige Martha Richhardt will das Gleichgewicht der Welt wieder herstellen. Sie findet, dass die Männer lange genug geherrscht haben und dass jetzt die Frauen an der Reihe sind. Mit ihrer Freundin Regina entwickelt sie einen Plan für eine neue Weltordnung. Als Regina jedoch kurzfristig aus dem „Projekt“ aussteigt, beschließt sie die Sache alleine durchzuziehen. Als erstes gilt es, die physische Überlegenheit des Mannes zu überwinden, ein Exemplar zu fangen und in ein Verließ zu sperren. Wenn das erstmal geschafft ist, so denkt sie, wird sie dem Mann in nichts mehr nachstehen und nichts auf der Welt wird sie dann noch in ihrem Vorhaben stoppen können. Als Wolfgang Schwanzke ahnungslos des Weges kommt, beschließt sie ihren Plan in die Tat umzusetzen und legt sich auf die Lauer…
Die Pantomimin Olinka Feldekova zieht sich für das „Projekt“ gemeinsam mit den Clowns Martha und Wolfgang aus der Öffentlichkeit zurück. In einem Kölner Wohnhaus erprobt das Trio eine Versuchsanordnung für eine neue Weltordnung, die – zwischen männlichem und weiblichem Blick hin- und her schwankend – die herkömmliche Geschlechts-Grenze nicht mehr beinhaltet.
Regie: Olinka Feldekova
Mit: Gabriella Weber und Mirco Monshausen
Assistenz: Carolin Knab
Presse:
Die Performance ist eine vorsichtige und unheimliche Annäherung von Mann und Frau, die in einen romantischen Klammerblues im Garten mündet. Allerdings schlägt die Innigkeit plötzlich wieder in Gewalt um, der Mann wird übergriffig, die Balance der Geschlechter ist fragil. 24.9.2012, akt, Dina Netz
Termine: 16./ 17. und 19. August 2012, Köln
To become a stranger
von der flanerie. labor für gedanken & gänge
Mit uns – dem Touristikunternehmen To become a stranger – erleben Sie eine Sightseeingtour durch die eigene Stadt! Unsere Audioguide-Tour führt zu den Highlights Ihrer Stadt und lädt Sie dazu ein, diese auf ganz andere Weise kennenzulernen. Entdecken Sie die Sehenswürdigkeiten von Köln als Tourist in der eigenen Stadt! Zusammen mit einer Synästhetikerin beschäftigt sich Tina Saum von der flanerie. labor für gedanken & gänge mit den Sehenswürdigkeiten von Köln. Aus dieser Zusammenarbeit entwickelt sie einen Audioguide, mit dem in einem selbst gewählten Wechselspiel verschiedene Wahrnehmungsweisen auf die Sehenswürdigkeiten ausgetauscht werden können.
Regie und Konzeption: Tina Saum
Termine: 10. bis 19. August 2012, Köln
We watch you watch
von ultraviolett/ Drama Köln
We watch you watch lässt die Gedanken der Passanten laut werden. Die mit Kopfhörern ausgestatteten Zuschauer können einen Platz inmitten der Stadt live belauschen. Was nach außen normal erscheint, wird durch das Gehörte unterwandert und was nach Alltag aussieht, wird durch die Audiospur verrückt.
We watch you watch (nominiert für den Kölner Theaterpreis und Preisträger des Favoritenfestivals, 2012 in Dortmund) ist eine Produktion aus dem Jahr 2011, welche bereits vor der Kunsthalle in Düsseldorf und am Chlodwigplatz in Köln erfolgreich realisiert wurde. Im Rahmen der Sommerreihe Wer ist denn schon bei sich zu Hause? wird die Theater- und Hörspielregisseurin Philine Velhagen ihre Produktion wiederaufnehmen und weiterentwickeln.
Regie: Philine Velhagen
Dramaturgie: Tina Saum
Mit: Markus Heinicke, Angelika Krautzberger, Mirco Monshausen und Nika Wanderer
Produktionsassistenz: Franziska Seidel
Termine:
24. und 25. August 2011, Grabbeplatz Düsseldorf/ Kunsthalle Düsseldorf
01./ 02./ 03./ 15./ 16. und 17. September 2011, Chlodwigplatz Köln
11./ 12. und 14. August 2012, Chlodwigplatz Köln
27. November 2012, kleiner Markt Dortmund/ Favoriten Festival 2012 Dortmund
28. und 29. September 2012, Neptunbrunnen vor dem Fernsehturm und Kottbusser Tor Berlin, theaterdiscounter Berlin
Ödipus der Tyrann
von LIGNA
Wer sind wir und was können wir angesichts einer Situation tun, in der wir nicht beherrschen, was uns bestimmt? Die Krise des Staates ist auch eine Krise des Subjekts, das sich in dieser Welt nicht mehr zu orientieren weiß. Wir sind Ödipus: Wir machen weiter wie bisher, obwohl wir längst ahnen, dass es so nicht weitergehen kann. Was können wir tun?
Zurückgeworfen auf sich selbst, richtet sich der Fokus des Publikums auf die eigene Perspektive und Position. Das Publikum trifft sich in einer Kölner Privatwohnung und spaltet sich radiohörend in drei Gruppen mit wechselnder Besetzung auf. Hierbei kann nicht nur ein Theater des Unterdrückten entstehen, in dem Ödipus neu gelesen wird, sondern auch ein Raum, in dem mehr passiert, als jeder Einzelne wahrnehmen kann.
Im Rahmen der Sommerreihe Wer ist denn schon bei sich zu Hause? zeigt LIGNA ihre Produktion Ödipus der Tyrann.
Termine: 12. und 13. August 2012, Gottesweg Köln
wenn die Sonne untergeht
von katze und krieg
wenn die Sonne untergeht
…tanzen wir Walzer mit den Männern im Wettbüro… trinken wir Limo im Bordell während der Freier für seine Prostituierte strippt… klettern wir mit einem Bauscheinwerfer in die verlassene Behausung eines verstorbenen Obdachlosen… verstecken wir uns unter der Tafel einer Versammlung türkischer Intellektueller und lassen uns mit Oliven füttern…
Der Tag liegt hinter uns, die Arbeit, das Einkaufen, das Emailschreiben, das Essen Kochen, das Aufräumen… Aber das kann nicht alles sein, was das Leben zu bieten hat! Die Nacht bricht an. Wir brechen von zu Hause auf sie zu erobern. Die Performance beginnt– an drei aufeinander folgenden Tagen; von drei verschiedenen Wohnungen aus startend.
Zum Sonnenuntergang laden katze und krieg zu einer Expedition in die Stadt bei Nacht ein. Auf ihrem Weg wird Gewöhnliches außergewöhnlich, Ungeahntes möglich, Normalität phantastisch. Das Publikum begleitet das Performanceduo zu Fuß und wird Augenzeuge der Interventionen in die unterschiedlichsten kuriosen Nachtwelten der Stadt.
Im Rahmen der Sommerreihe Wer ist denn schon bei sich zu Hause? zeigt katze und krieg ihre Performance wenn die Sonne untergeht.
Von und mit: Julia Dick und Katharina Sandner
Termine: 17./ 18. und 19. August 2012
Künstlerische Leitung: Philine Velhagen
Dramaturgie und Programmleitung: Tina Saum
Bühne und Kostüm: Birgit Kofmel
Presse: Melanie Graf
Produktionsleitung: Franziska Seidel
Website: Christoph Assauer
Grafik: Norbert Truxa